Was kann ein Champions-League-Finale des eigenen Herzensvereins ausstechen? Nur ein Auftritt beim Niedersächsischen Bläserklassentag in Lüneburg. Jedenfalls für die Sechstklässler Mats und Jakob von der Kooperativen Gesamtschule Norderney.
Aber als Gegenleistung dafür, dass sie die komplizierteste Anreise aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer via Fähre auf sich nahmen, verpflichteten sie Lehrer Ronny Aderhold, einen Borussia-Dortmund-Schal ans Dirigentenpult zu knoten. Gesagt, getan. Statt im Westfalenstadion auf der Großbildleinwand ihre Lieblinge anzufeuern, spielten die beiden mit 27 Mitschülerinnen und Mitschülern vor – leider zu wenig – Zuhörenden auf dem Marienplatz.
Doch die Insulaner versprühten Spielfreude. Sie gaben das „Hey-Lied“ zum Besten, weil man auf Norderney nicht „Moin“ oder „Hallo“ sagt, sondern „Hey“, wie Aderhold erläuterte. Seine Truppe zeigte sich begeistert von der Unterbringung auf dem Campingplatz an der Outdoor-Schmiede in Melbeck.
„Unsere Generalprobe haben wir dort unter freiem Himmel gespielt“, sagte Lehrerin Marina Mertens. „Das hat die Gäste erfreut“, berichtete Lehrer Reino Mester, „bis auf die, die wegen ihrer anstehenden Nachtschicht eigentlich schlafen wollten“.
Kathrin Torkel und Elmar Stamm waren mit ihren 25 Fünft- und Sechstklässlern des Gymnasiums Nordenham schon am Freitag angereist. Sie übernachteten in der Jugendherberge, hörten sich vier Stunden vor ihrem Auftritt an, was die Konkurrenz von der Lüneburger Wilhelm-Raabe-Schule zu bieten hatte. Stamm war angesichts der großen Bühne auf dem Marktplatz etwas mulmig: „Das wäre für uns etwas sehr groß.“ Doch die Sorge verflog. Die Nordenhamer spielten in ihren lila Shirts im Clamartpark.
Während im Heine-Haus Hochzeit gefeiert und auf dem Markt eingekauft wurde, stimmte die Bläserklasse der Oberschule Lachendorf bei Celle im Rathausgarten „Smoke on the water“ an. Weit genug weg von einem Kastenzitherspieler in der Münzstraße, der gegen die geballte Phonstärke keine Chance gehabt hätte.
Auf der Bühne am Sande spielten die Bläser des Gymnasiums Lehrte, eine von insgesamt 23 vertretenen Schulen, später die Europahymne. Eine musikalische Einstimmung auf die nahende Europawahl. Lehrerin Ane Kristin Holmer erzählte, während ihr Kollege Thomas Rios dirigierte. „Dort spielen die 7e und die 8e. Die Fünftklässler starten bei uns, anders als in den meisten niedersächsischen Schulen, nicht in Bläser-, sondern in Chorklassen.“
Die Lehrkräfte brauchten keine Übernachtung organisieren. Aus dem Raum Hannover reisten sie mit dem Bus an und wieder ab. Zwischenzeitlich lagerten sie ihre Instrumente in Räumen der Johannes-Rabeler-Schule, die Holmer unbedingt loben wollte: „Die Schule hat tolle Scouts gestellt, die uns alles zeigten.“
Sozialdezernent Florian Forster, dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter federführend für die Organisation verantwortlich waren, zeigte sich auf dem Marktplatz zufrieden: „Das war logistisch schon sehr herausfordernd. Umso schöner, wenn alles klappt.“
Der 11. Niedersächsische Bläserklassentag endet am Nachmittag mit einem Finale, das Lüneburg so noch nicht erlebt hat. Die 1500 Schülerinnen und Schüler aus 23 Klassen bewegen sich in einem Sternmarsch auf den Markt zu, um dort mit der „Big Band Berenbostel“ ein Abschlusskonzert im XXL-Format zu geben.